Als Freund langer und landschaftlicher interessanter Radmarathons trifft man früher oder später auf die Vätternrunde, ein Event, das um den zweitgrößten schwedischen See, eben dem Vättern führt. Diesen Marathon gibt es seit den 60er Jahren und gilt als weltgrößtes Radrennen für Amateure, nehmen doch über 30.000 Menschen an insgesamt sechs Rennen in den ersten Juniwochen teil, in diesem Jahr waren für den eigentlichen Marathon am 17.06. etwa 15.000 Teilnehmer gemeldet.
Vätternrundan im Juni: Sechs Rennen, 30.000 Teilnehmer, 315 Kilometer
So war ich gleich begeistert, als mich meine Radkollegin Christiane im letzten Herbst auf eine organisierte Reise zum Selbstkostenpreis aufmerksam machte, all inclusive, ab Bremen. Leider brach sich Christiane das Schlüssenbein, auch der Organisator Axel brach sich das Becken, beide konnten nicht mit (zum Glück bei der Ausübung unseres geliebten Sports passiert).
Letzten Mittwochabend am Hauptbahnhof, der Radreisespezialist Sausewind aus Oldenburg verlud unsere wertvollen Spielgeräte sorgfältig und fachgerecht auf den Hänger und los ging’s. Nachdem wir noch in Hamburg und Lübeck hielten, konnten wir mit etwa 50 Gleichgesinnten die Reise auf der Vogelfluglinie fortsetzen. Gegen 7:00 Uhr trafen wir in unserem Hotel ein und wurden mit einem leckeren Frühstück begrüßt.
Das „Hotel“ ist ein Museumsdorf aus dem 18.Jahrhundert, wir wurden in verschiedenen Gebäuden untergebracht. Man war gleich im Urlaubsmodus und wurde von der wunderschönen Landschaft und dem unprätentiösen Auftreten der Schweden eingenommen.
Der Donnerstag stand zur freien Verfügung, die meisten haben die Gegend erkundet oder sind baden gefahren.
Schweden wie im Bilderbuch
Am Freitag ging‘s zur Akkreditierung nach Motala, etwa 15 km vom Hotel entfernt. Hier war der ganze Stadtpark eine Fahrradmesse mit diversen Ständen (Food, Hersteller, Reparatur etc.) und einem riesigem Radzubehörkaufhaus, das extra errichtet wurde.
Nach der oblitatorischen Pastaparty schnell ins Bett, es wurde langsam ernst. 3:00 Uhr aufstehen, kurz vor fünf in eine von drei Startboxen und wie bei den Profis mit Banden, erstaunlich vielen jubelnden Zuschauern am frühen Morgen unter Motoradführung neutralisiert aus der Stadt geführt.
Als dann die ersten Sonnenstrahlen wärmten, man seine Gruppe fand, war die Aufregung verflogen und man konnte entspannt die Fahrt genießen. Man nimmt gegenseitig Rücksicht, plaudert miteinander. Es gibt natürlich auch große Teams, die sich sorgfältig und ambitioniert vorbereitet hatten, hier soll man nicht versuchen, Windschatten zu erhaschen und den Kreisel zu stören, da wird man schon heftig auf schwedisch gerügt. Ein kurzes „no hablo espanol“ hilft aber meist weiter. Zur guten Atmosphäre trägt auch die unfassbar gute Organisation bei, hunderte Helfer überall, ganze Bundesstraßen werden komplett gesperrt, die Fahrer haben überall freie Bahn. Etwa alle dreißig Kilometer gibt es einen Verpflegungsposten, auch hier bestens versorgt, Köttbullar, Lasagne, warme Heidelbeersuppe…
Köttbullär bei IKEA sieht aber besser aus.
Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen mussten zumindest die Wasservorräte aufgefüllt werden. So fuhren wir glücklich in 8 bis Stunden auf großen und kleinen Straßen immer mit grandioser Landschaft dahin, einzelne von uns sind wie viele andere bereits am Vorabend gestartet und die ganze Nacht durchgefahren. Neben den Sportlern sieht man auch normale Hollandräder mit Korb und ohne Gangschaltung, uralte 20 Zoll Klappräder etc.
Weinende Radfahrer am Straßenrand
Je näher man dem Ziel kam, umso mehr fand man verzweifelte weinende Fahrer am Strassenrad, die der Hitze und den „Bergen“ Tribut zollen mussten. Immerhin haben die Gletschermoränen doch 1.600 hm auf der Strecke hinterlassen, ich selbst kam grad aus dem Allgäu und konnte die Hügel plattfahren. Wie ich in der Gesprächen erfuhr, sind neben den Ambitionierten auch viele unterwegs, die unter Arbeitskollegen solch ein dicker Brett angehen, ohne recht zu wissen, aus was man sich einlässt.
Medaille und Feiern
Schließlich noch ein kurzer Schlußsprint, durchs Ziel, Medaille, schöne Feier mit den Kollegen. Noch ein leckeres Essen im Hotel, kurze Nacht, am frühen Sonntag zurück nach Bremen. Riesige Staus in Schleswig-Holstein konnten durch die erheblichen gekühlten Biervorräte des sehr netten Busfahrers Christoph erträglich gestaltet werden, die erlebnisreichen Tage in Schweden konnten durch das sehr später Eintreffen mitten in der Nacht nicht getrübt werden.
Ich bin schon für nächstes Jahr angemeldet (15.6.24), wer mit will, sagt Bescheid.